Vorstellung/Tanz: Bühnen Bern
Premiere: 30. Oktober 2021
Basierend auf dem Gedicht/Text von Dante Alighieri verwandeln die Tänzer:innen die maiestätischen Räume des ehemaligen Konzert Theater Berns in eine grosse Bühne. Wo man normalerweise nur die Jacke auszieht, winden sich zwei Tänzer:innen ausgezogen bis auf die Unterwäsche. In den gewohnten Naturtönen der Stücke von Estefania Marianda wird man von den Künstler:innen zurück in die Eingangshalle, an die Garderoben und auch in den oberen Stock (inkl. Foyer) gelockt. Das interaktive Gedrängeln ist klar auf ein mobiles um nicht zu sagen junges Publikum ausgerichtet. Ich beobachtet einige ältere Gemüter die erfolglos nach einer Sitzgelegenheit Ausschau hielten (die paar wenigen Stühle werden dem leider durchschnittlich betagten Publikum nicht gerecht). Ist das nun gut oder schlecht?
Ob die Choreografin mit den nackten Körpern provozieren wollte, bleibt unklar. Das rohe, natürliche und animalische der dargestellten Todsünden o.ä. kam durchaus rüber, doch um zu provozieren muss man sich heutzutage weiter aus dem Fenster lehnen.
Nach gewisser Zeit öffnen sich die normaler Weise vor Stückbeginn offenen Türen zu den Rängen. Während es im Haus immer noch zuckt, kichert und spricht, beginnt parallel eine Gruppenchoreografie im Parkett und eine ruhige Begegnung auf der Bühne. Mit dem ständigen Gefühl etwas zu verpassen, wuselt das Publikum durch das sonst so gesittet Theater.
In der zweiten Hälfte findet man sich auf den Plätzen ein. Mit wunderschöner Belichtung rsp. Bühnenbild wird die Kompanie in Szene gesetzt. Es wird integriert, ausgegrenzt, verachtet und geliebt. Alles ohne Worte, in der universellen Sprache des Tanzes. Verhältnismässig sehr klassisch (mit klarer Integrierung des klassischen Balletts) wird auf Spitze und in Paaren getanzt. Es erinnert ein wenig an Stücke von Béjart, doch es könnte nicht typischer Estefania Miranda sein.
Von fast eingeschlafen (1) bis ich will nochmal (5): Schon etwas bewandert mit dem modernen Tanz und auch Estefania Miranda war das Stück für mich ein schöner Zeitvertrieb doch nicht wirklich eine Horizont Erweiterung. Zumal der spontane Anfang nur einmal Überrascht, wird es die Glust sein, das Verpasste ebenfalls zu sehen, die mich nochmals an eine Aufführung führt. Der Gewusel-Ansatz als Theater-Verjüngung rechne ich der Choreografin hoch an. Doch darf es das Stammpublikum kosten? (2)
Würd ich’s meinen Nachbar:innen empfehlen? : Moderner Tanz kann oftmals anstrengend sein, vor allem fürs ungeschulte Auge. Dieses Stück ist sicherlich angenehm was das anbelangt. Klare Formen, synchrone Choreografieren, schöne Bilder, schlichte Kostüme. Der Wow-Effekt liegt garantiert im ungewöhnlichen Anfang, weshalb ich ihn zur Spoiler-Verhinderung möglichst nicht erwähnen würde.
Geeignet für: Laiinnen, Interessierte